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liccht - verein für nischenmusik und populärkultur
ABER DAS LEBEN LEBT, SIR TRALALA ABGESAGT!!
Venue: Chelsea
U-Bahnbögen 29-30, 1080 Wien, Österreich

Doors: 08:00 PM
Starts: 08:00 PM
Artist: aber das leben lebt

https://www.youtube.com/watch?v=XOutpA97IyI

Bury The Angst - Die allerletzte Show von Aber das Leben lebt

Wo sich die Flüsse Enns und Steyr schwerfällig durch die grau-braunen Grenzlande Ober- und Niederösterreichs wälzen, wo es für Jugendliche aber sowas von gar nichts zu tun gibt, als Bier trinkend am Ufer zu sitzen und aufs Wasser zu starren, wo es nicht einmal Fuchs und Hase der Mühe wert finden, einander gute Nacht zu sagen: Dort gründete sich in den ausgehenden 1990er-Jahren die Band Aber das Leben lebt.

Die Sinn- und Aussichtslosigkeit der Provinz in einer Zeit, in der noch nicht die ganze Welt via Griff zum Smartphone zur jederzeitigen Verfügung stand, ist heute nur noch schwer nachvoll-ziehbar und bildete den Ausgangs- und Referenzpunkt des musikalischen Schaffens, einer super-schwarzen Version von Lo-Fi-Americana im Geiste Will Oldhams, Bill Callahans oder der großen Red Red Meat. Dabei vermied es die Band jedoch, in Lagerfeuerromantik oder wohligen Weltschmerz zu verfallen: Auf Tonträger gingen die filigranen Songs fast unter im Rauschen des Vierspur-Kassettenrekorders, live wurden sie nicht selten durch übertriebene Leisigkeit, dissonante Vocal-Improvisationen oder längliche Jams auf nie erlernten Instrumen-ten krankenhausreif gespielt. Wissend um die Gefahr übertriebener Nähe - und damit ganz zweifellos Avantgarde - wurde so auch ein mitunter wohlgesinntes Publikum stets angemes-sen auf Abstand gehalten.

Letztlich entstanden insgesamt 8 Alben, wobei sich mit der Zeit zusehends eine gewisse Altersmilde und die Erkenntnis einstellte, dass man den Grauslichkeiten der Conditio Humana langfristig am besten mit ironischer Gelassenheit begegnet. Ausnahmsweise wurde sogar der schöne Schein des “Pop” affirmiert, wenngleich in getrübter und angedeuteter Form. Hinzu kamen allerlei Kollaborationen (z.B. Marilies Jagsch, Gustav, Bernhard Fleischmann) und ein eigenes Label (Niesom). Im Jahr 2014 erschien das letzte Album “Figures” als abschließende Bestandsaufnahme und Abrechnung, die Schlussnummer schlicht betitelt mit “End”.

https://www.youtube.com/watch?v=J9yWqA63mFQ
SIR TRALALA
ist einer der großen glorreichen Exzentriker dieses Musiklandes, wobei seine oft grenzgängerischen musikalischen Ausgeburten in ihrer manchmal scheinbaren Überdimensioniertheit dem Genius ihrer Vision (vor allem nach genauerer Betrachtung) durchaus gerecht werden. Mit anderen Worten: wo andere gerne auf Format- und Genre-Übererfüllung achten, gönnt es sich David Hebenstreit, seinen kreativen Vogel einfach frei fliegen und klingen zu lassen und sein musikalischer Background und Erfahrungsreichtum als Schaffender, sowie das langjährige Wirken im Bereich des Prekären ist ihm bei der anschließenden Umsetzung durchaus dienlich. Obwohl (oder vielleicht gerade auch deshalb weil) seine Bühnenpräsenz oftmals von einer gehörigen Portion Anarchismus geprägt ist, gilt SIR TRALALA mittlerweile als ausgezeichnete Marke für individuell-exzessiven Musikgenuss.



Am 18.12.2021 im Chelsea raffen sich Aber das Leben lebt nun ein allerletztes Mal auf und spielen ihre größten Hits. Zu rechnen ist mit bettlägrigem Blues, Todes-Country, Un-Liedern, die sich selbst zerstören, und vielleicht sogar mit dem einen oder anderen Sitztanz-Popsong, jedoch ohne Mitternachts- oder sonstige Show-einlagen. Diese letzte Chance sollte man sich nicht entgehen lassen, denn Resonanzforscher wissen, dass gerade traurige Musik glücklich macht. Oder, wie schon Franz Schubert sagte: Sad songs say so much!